Wir helfen seit 30 Jahren!
Seit guten 30 Jahren unterstützen wir Kinderhilfsprojekte in Russland, vor allem in St. Petersburg. Anlässlich unseres Jubiläums möchten wir Ihnen die Geschichte erzählen, wie unser Engagement in Russland begann und was sich bis heute getan hat.
30 Jahre Russland-Hilfe
Unser Engagement auf einen Blick
200
Tonnen Nahrungsmittel, hochwertige Medikamente, Antibiotika, saubere Spritzen und Verbandsmaterial sowie medizinisch-technische Geräte
4 M
In 30 Jahren konnten wir Güter im Wert von ca. 4 Millionen Euro nach St. Petersburg bringen
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Aktuelles
Situation in Russland prekär
Unsere Russland-Projekte litten sehr, als der Ukraine-Konflikt begann. Unser jahrzehntelanges Engagement mussten wir 2022 beenden. Die Situation in vielen Krankenhäusern spitzt sich wieder ähnlich zu, wie damals nach dem Zerfall der Sowjetunion.
Medizin ist wieder Luxus
Medizinische Versorgung ist ein Grundrecht, das keinem Kind verwehrt werden sollte und kein Kind sollte sterben müssen, weil es nicht die passenden Medikamente bekommen kann.
Humanitäre Hilfsaktionen in Russland
Wie schnell doch die Zeit vergeht: 2019 feierten wir einen runden Jahrestag – wir blicken stolz und dankbar auf über 3 Jahrzehnte zurück, in denen wir uns für Russlands arme und kranke Kinder sowie Familien in Not einsetzten.
1991 – Wie alles begann …
Unsere Hilfsprojekte in Russland gibt es schon fast so lang wie unsere Kinderhilfsorganisation selbst. Alles begann 1991, als uns eine Anfrage von Anatoli Sobtschak, dem ersten demokratisch gewählten Oberbürgermeister von St. Petersburg, erreichte. In der ehemaligen Zaren-Metropole herrschte Mangel an allem: Lebensmitteln, Medikamente, Kleidung – fast alles, was man zum Leben brauchte.
Eduard Prinz von Anhalt, Präsident der noch sehr jungen Deutschen Lebensbrücke, ist ein Nachfahre von Katharina der Großen, die eine geborene Prinzessin Anhalt-Zerbst war. Das wusste der Oberbürgermeister von St. Petersburg natürlich und hoffte so, die Deutsche Lebensbrücke und den Prinzen als Unterstützer gewinnen zu können.
Auf diese Weise wurden wir auf die schreckliche Situation – vor allem der Kinder & Familien in Russland – aufmerksam und wussten: hier war dringende und schnelle Hilfe notwendig
Die Leukämiekinder von St. Petersburg
Was uns damals in St. Petersburg erwartete, war unglaublich erschütternd. Das städtische Kinderkrankenhaus erinnerte mehr an eine Ruine als an ein Gebäude für kranke Kinder. Es gab kaum Medikamente und wenn, dann waren es drittklassige Generika mit großen Nebenwirkungen. Es gab keine medizintechnischen Geräte, wie Infusiomaten, die in der Chemotherapie dringend benötigt werden, und natürlich auch kein Zubehör! Die Ärzte hatten nicht einmal Arztkittel! Es gab keine ordentliche Bettwäsche für die Krankenbetten und teilweise nicht einmal Pflaster.
Die Krankenschwestern und behandelten Ärzte führten einen verzweifelten Kampf um das Leben der kleinen Patient*innen, die aus der gesamten Sowjetunion kamen – natürlich auch aus den kontaminierten Gebieten rund um Tschernobyl.
Das Kinderkrankenhaus Nr. 1 befindet sich am südlichen Stadtrand von St. Petersburg. Von außen sah die Klinik damals für westliche Verhältnisse katastrophal aus. Im Keller hausten Ratten und Mäuse. Katzen hatten die Treppenhäuser bevölkert. Überall roch es nach Urin. 1991 schickten wir die ersten Lkws mit Hilfsmitteln nach Russland.
Die Straßenkinder von St. Petersburg – Russlands vergessene Kinder
In der Millionenmetropole sah es nicht besser aus. Straßenkinder jeden Alters suchten in Abbruchhäusern und der Kanalisation Schutz vor Kälte und Gewalt. Das Elend der Menschen in St. Petersburg und anderen Regionen Russlands war gewaltig.
Hintergrund: In den frühen 90er-Jahren flüchteten ca. 40.000 Mädchen & Jungen auf die Straße. Die einen versuchten so ihren gewalttätigen, alkohol- und drogenkranken Eltern zu entgehen, die anderen ertrugen Missbrauch & Elend in den staatlichen Kinderheimen nicht länger. Wieder andere wurden sogar von ihren Eltern zum Arbeiten oder zur Essensbeschaffung auf die Straße geschickt.
Für die Kinder und Jugendlichen ging es täglich ums pure Überleben. Sie bettelten oder klauten Lebensmittel und mussten tagelang mit knurrendem Magen durchkommen. Um das harte Straßenleben zu ertragen, betäubten sich viele der Kinder mit Klebstoff-Dämpfen.
In den ersten Jahren unserer Russland-Hilfe leisteten wir zusätzlich psychologischen und rechtlichen Beistand. Denn gerade auf Kinder und Jugendliche warteten drakonische Strafen bei kleineren Vergehen. Zum Beispiel wurde ein Kind, das in seiner Not Lebensmittel stahl und erwischt wurde, mit bis zu 3 Jahren Jugendhaft bestraft.
Familienpatenschaften in Russland
Die Familienpatenschaften waren ein weiteres wichtiges Projekt. In den 90er-Jahren unterstützten wir knapp 40 Familien mit Kindern in Russland, deren Not nicht größer hätte sein können. Viele von ihnen haben wir jahrelang begleitet und auch heute noch stehen wir in Kontakt.
Vielleicht erinnerst du dich ja: Die Medien berichteten z. B. 1991 über das schwere Schicksal von Lujba, einer alleinerziehenden Mutter mit Zwillingen, die wir ca. über 30 Jahre lang begleitet haben.
Das Problem ist, dass nach zahlreichen Wirtschafts- und Finanzkrisen die russische Bevölkerung weniger besitzt als zuvor. Die Lebensmittel sind teurer geworden, die Löhne niedriger.
Die Armut war und ist noch groß in Russland. In den 1990er-Jahren gab es durch den Zusammenbruch der UdSSR fast nichts mehr, da auch sämtliche Versorgungswege plötzlich abgeschnitten waren. Zudem sind die Lebenshaltungskosten recht hoch und entsprechen dem Niveau von anderen Metropolen in Europa.
Am schwersten trifft es Rentner, Familien und Kinder – die Schwächsten der Gesellschaft.
Startschuss für unser Hilfsprojekt „Straßenkinder von St. Petersburg“
Damals begann auch unsere Zusammenarbeit mit dem engagierten Kinderarzt und Soziologen Dr. Sereda. Wir kamen durch die frühere Sozialbürgermeisterin mit ihm in Kontakt.
Zu dieser Zeit leitete Dr. Sereda noch ein Kinderheim. Nachts fuhr er mit einem kleinen Bus unermüdlich und nächtelang durch die Straßen, zu U-Bahnstationen und anderen Schlupfwinkeln. Er betreute die vielen Straßenkinder medizinisch, brachte von Cafés gespendeten Tee, Brot und Gebäck.
Wir finanzierten damals in Zusammenarbeit mit Cafés und Restaurants Essensmarken und verteilten sie. Diese „Gutscheine“ konnten Kinder wie auch alte Menschen gegen eine warme Mahlzeit eintauschen.
Die 90er- bis 2000er-Jahre – Prominente Unterstützung von Spendern, Stars und Medien
Die vielen traurigen Kinderschicksale ließen niemand kalt: Innerhalb kürzester Zeit fanden die erschütternden Bilder ihren Weg in die Medien. Die Bild am Sonntag, tz, Neue Post, Welt am Sonntag, Rundschau und viele mehr unterstützten uns. Die daraus resultierende Spendenbereitschaft berührte uns zutiefst. Zudem wurden Prominente auf die Missstände in Russland aufmerksam. Die öffentliche Anteilnahme war überwältigend.
Schauspielerin Marie-Luise Marjan
Beispielsweise reiste Schauspielerin Marie-Luise Marjan („Lindenstraße) wiederholt mit uns nach St. Petersburg. Ihr war klar: „Wir müssen von unserem Wohlstand abgeben.“ Besondere Medienwirksamkeit erreichte ihre Unterstützung in der TV-Show “Wetten Dass …?”:
Sie verlor bei Thomas Gottschalk ihre Wette. Marie-Luise Marjan löste ihren Wetteinsatz gerne ein: In Anlehnung an das traditionelle Essen der Familie Beimer aus der “Lindenstraße”, verkaufte sie im Bonner Bundestag zugunsten unserer Russland-Hilfe Maultaschen. Rita Süssmuth und anderen Politiker*innen hat es geschmeckt!
Hollywood-Star Michael Douglas
US-Schauspieler Michael Douglas („Wall Street“) hat selbst russische Wurzeln. Stellvertretend für eine Reise nach Russland besuchte er zusammen mit uns die Leukämiestation eines Kölner Kinderkrankenhauses.
Wir sind dankbar für sein persönliches Engagement und für seine Spende für unsere Russland-Hilfe.
Sänger Patrick Lindner
Auch Schlagerstar Patrick Lindner reiste mit uns mehrmals nach St. Petersburg. Er war immer wieder zutiefst erschüttert über das Leid der Kinder, die er dort traf. Wir finanzierten damals so eine Art Wärmebus, mit denen Sozialarbeiter nachts durch die Bezirke fuhren und heiße Getränke und Kleidung an die Kinder und Jugendlichen verteilten.
Patrick Lindner begleitete einen dieser Sozialarbeiter. Er verteilte Lebensmittel an die Straßenkinder. Bis dorthin war ihm nicht klar, dass es solches Elend gibt. Das Leid der Kinder schockierte ihn zutiefst. Auf dem Rückflug nach Deutschland war ihm klar: „Hier muss etwas getan werden. Ich werde meine ganze Kraft verwenden und diese Kinder unterstützen.“
Schauspieler Peter Weck
Auch Schauspieler Peter Weck („Ich heirate eine Familie“) wollte vor Ort helfen. Beispielsweise brachte er den kleinen Kinderkrebs-Patient*innen im Krankenhaus Nr. 1 persönlich Obst und Gemüse vorbei, damit ihre Mütter ihnen etwas Gutes kochen konnten. Denn Frischobst war damals unbezahlbar.
Die Dankbarkeit berührte Peter Weck zutiefst: Die Kinder konnten kaum glauben, dass die frischen Früchte tatsächlich für sie waren.
Schauspieler Michael Lesch
Schauspieler Michael Lesch hat selbst eine Krebskrankheit überwunden. Er weiß, wie sehr die Kinder leiden – körperlich und psychisch. Der Schauspieler („Freunde fürs Leben“) ist langjähriger Unterstützer unserer Russland-Hilfe und setzt sich zusammen mit uns unermüdlich für leukämiekranke Kinder in St. Petersburg ein.
Als er damals das erste Mal mit uns nach Russland reiste, war ihm das Entsetzen ins Gesicht geschrieben: „Es ist schockierend, dass Kinder dort sterben, nicht weil der Krebs sie besiegt, sondern weil es am Nötigsten fehlt.“
Was hat sich in Russland bis heute verändert?
Wir begannen unsere Unterstützung während der Perestroika, zur Zeit von massiven politischen Umbrüchen des Landes. Damals war alles im Umschwung. Es gab einfach nichts zu kaufen. Die Armut war unvorstellbar.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich in Russland verändert. Ab den 2000er-Jahren ging es wirtschaftlich etwas bergauf. Das bedeutete: Wir mussten keine Lkws mehr nach Russland schicken. Wir konnten nun vor Ort für die Menschen einkaufen. Die Lebensmittel und Medikamente brachten wir seitdem direkt zu den Einrichtungen.
Vieles schien besser zu werden. Zeitweilig wurden in den Krankenhäusern sogar westliche Medikamente verabreicht.
Seit 2001 ging es mit der Wirtschaft wieder abwärts.
Mittlerweile sind viele positive Entwicklungen rückläufig. Viele Probleme sind jetzt anders gelagert. Vielleicht sind sie weniger sichtbar. Aber sie sind nach wie vor da.
Ende Februar 2022 begann der Russland–Ukraine-Konflikt und dauert bis heute an. Das macht humanitäre Hilfe für unsere russischen Projekte unmöglich.
Aktuelle Lage
in Russland für benachteiligte Kinder & Familien
Straßenkinder von St. Petersburg
Damals ging es für die Straßenkinder um Nahrung, ums pure Überleben. Sie schnüffelten Klebstoff und klauten Lebensmittel. Heute hat sich die Problematik verlagert. Das Hungerproblem ist nicht mehr so groß wie früher. An seine Stelle sind harte Drogen und Alkohol getreten.
Viele der Kinder leiden an HIV, Tuberkulose, Hepatitis und anderen Krankheiten. Drogen kosten. Die Beschaffungskriminalität ist hoch. Es existieren keine verlässlichen Zahlen darüber, wie viele Straßenkinder in Russland momentan leben. Überspitzt kann man sagen: wo keine Zahl, da kein Problem.
Unsere Projekte halfen, die Straßenkinder von Russland zu schützen. Nicht nur die klirrende Winterkälte von weniger als –20 °C ist eine Bedrohung für sie. Auch Menschenhandel, Organhandel, Prostitution und rohe Gewalt sind tägliche Gefahren für die Kinder.
Wir unterstützten beispielsweise seit 1998 den K9C, später noch viele weitere Institutionen und heute auch den Raduga Club (für Mädchen mit HIV). Die Freizeitstätten sind für viele betroffene Kinder der einzige Zufluchtsort. Hier können die Kinder spielen und Kurse besuchen. Sie werden psychologisch betreut und können bei Tee und Keksen über ihre Sorgen berichten.
Leukämiekinder von St. Petersburg
Leider gilt in Russland wieder verstärkt: Nur wer bezahlen kann, bekommt die guten Medikamente. Doch viele Familien in Russland sind einkommensschwach und können sich trotz Normalverdienst keine gute Medizin leisten.
Und wieder sterben Kinder an den Nebenwirkungen, nicht an der Krankheit.
Heute gibt es zumindest hochwertige Medikamente direkt vor Ort zu kaufen, sodass wir diese direkt in St. Petersburg finanzieren und einkaufen können. Gerade die Versorgung mit hochwertigen Medikamenten ist heute genauso wichtig wie vor 30 Jahren.
Nur so können auch die Kinder mit wirksamen Krebsmitteln behandelt werden, deren Eltern keine vermögenden Menschen sind.
Die Kinderleukämiestation während Covid-19
Gemäß russischer Richtlinien bleibt bei Kindern im Krankenhaus immer eine Person mit im Zimmer. Aufgaben, die in Deutschland einer Krankenschwester oder einem Pfleger vorbehalten sind, übernehmen in Russland die Angehörigen.
Vor Corona durften die Betreuer kommen und gehen, wie sie wollten. Beispielsweise blieb die Mutter wochentags beim Kind. Am Wochenende sprang die Oma ein. So war die Mutter zeitweise entlastet.
Während Covid-19 wurde in der Klinik verstärkt auf Sicherheit geachtet: Die Betreuer*innen durften sich nur noch im 2-Monate-Rhythmus abwechseln.
Niemand durfte die Station verlassen. Für die kleinen Patientinnen und ihre Betreuerinnen hieß das: Sie durften nicht mal für einen Spaziergang in den Klinikpark gehen, Fremde das Krankenhaus nicht betreten. 3–4 Kinder und ihre Pflegepersonen sind in kleinen Zimmern zusammengepfercht. Es wird zwar versucht, nach Geschlechtern zu trennen, doch oft klappt das nicht.
Seit 2013 geht es mit Russlands Wirtschaft wieder bergab
2013 und 2018 erlitt die Regierung einen massiven wirtschaftlichen Einbruch. Die Lebenshaltungskosten sind stark gestiegen. Frisches Obst und Gemüse sind Luxus, das Wohnen auch.
Wie schlecht es dem Land geht, zeigt sich auch immer noch an den Zuständen im Kinderkrankenhaus Nr. 1: Das Essen im Krankenhaus ist nicht genießbar. Die Kinder sind bereits geschwächt und appetitlos von der langen und beschwerlichen Chemotherapie. Sie bekommen das einseitige und wenig nahrhafte Essen kaum runter.
Darum war die Einrichtung einer Stationsküche, in der die Eltern leukämiekranker Kinder flexibel Mahlzeiten zubereiten können, eine unserer ersten Maßnahmen. Auch während der Corona-Zeit sorgten wir dafür, dass die Zufuhr an Lebensmitteln gesichert ist. Noch immer leben Katzen in den Treppenhäusern, Mäuse und Ratten in den Kellern des Krankenhauses.
Fazit: 30 Jahre Russlandhilfe
Wenn wir auf die letzten 30 Jahre zurückblicken, sind wir stolz und dankbar. Allein durch Spenden haben wir:
– unzählige russische Kinder mit Leukämie das Leben retten können
– die Überlebensrate krebskranker Kinder in St. Petersburg verbessert
– vielen Straßenkindern & Sozialwaisen nicht nur das Überleben, sondern auch einen Weg in die Zukunft ermöglicht.
– Wir konnten vieles bewegen, aber es gibt noch viel zu tun.
Seit 2012 machte es die russische Regierung für Hilfsorganisationen immer schwerer, humanitäre Hilfe zu leisten.
2024 ist Jubiläum: wir feiern 35 Jahre Kinderhilfe
35 Jahre sind vergangen, seitdem wir unsere Hilfsorganisation für Kinder ins Leben gerufen haben.
„Wir sind eine der wenigen privaten und gänzlich unabhängigen Organisationen für Kinder, die sich seit 35 Jahren erfolgreich in einem stark umkämpften Sektor zwischen den ganz Großen behauptet.“ Petra Windisch de Lates (Vorstandsvositzende)
Dank vieler lieber Spender konnten wir vielen Kindern helfen. Sieh dir den Jahres-Überblick mit unseren größten Meilensteinen an: